Es gibt da einen eigenartigen Zwiespalt im kreativen Prozess, einen den jeder Künstler irgendwann durchlebt. Einerseits will man ein Werk bis zur absoluten Perfektion bringen, es feilen, polieren, mit immer mehr Tiefe versehen und jeden Pinselstrich noch mal genau prüfen und evtl. korrigieren. Andererseits gibt es diesen einen besonderen Moment, in dem keine weitere Veränderung mehr sein darf. Das Bild sagt etwas zu dir, es flüstert oder es schreit: ICH BIN GUT SO, HÖR JETZT AUF!

Aber wie erkenne ich diesen Moment in dem ein Kunstwerk fertig ist?

Manchmal fühlt es sich so an, als würde das Bild es selbst entscheiden, manchmal ist da noch so ein kleiner Funke, obwohl du entschieden hast, jetzt ist es fertig, bleiben doch noch ein paar Zweifel. Es entsteht eine Waagschale und zwischen mir und der Leinwand muss die Balance gefunden werden. So, dass weder ich noch das Kunstwerk, mehr oder weniger verlangt. Man könnte sagen, das Bild hört auf mir Fragen zu stellen. Es wird still. Und genau in dieser Stille liegt die Antwort.

Doch oft ist dieser Punkt ein innerer Kampf. Loslassen ist schwer. Es bedeutet, sich selbst zu erlauben, das Unperfekte zu akzeptieren. Es bedeutet, die Kontrolle aufzugeben, zu akzeptieren, dass Kunst nicht absolut ist. Sie ist nicht erst dann fertig, wenn sie keine Makel mehr hat, sondern wenn sie sich vollständig anfühlt.

Manchmal übermale ich ein Werk, weil ich glaube, es ist nicht „gut genug“. Und manchmal zerstöre ich damit genau das, was es lebendig gemacht hat. Ich male stundenlang und bin euphorisch, weil es toll aussieht und dann schluckt das Universum es einfach runter und die Magie ist weg.

Kunst ist eine Reflexion des Künstlers, aber sie ist auch ein Dialog mit dem Betrachter. Vielleicht liegt genau darin das Geheimnis. Ein Kunstwerk könnte niemals wirklich fertig sein, es hört nur auf, meine Stimme zu brauchen. Ab dann beginnt es, für sich selbst zu sprechen. An diesem Punkt, lasse ich los.